"Schätze"

"Schätze"


"Schätze im Heimatverein"

Schätze sind etwas sehr Besonderes, sie lassen unsere Augen leuchten, wecken den Erkundungs- oder sogar Forscherdrang, machen neugierig auf weitere Schätze.

Ist also die Tasse ein Schatz des Heimatmuseums? NATÜRLICH!
Und das beste daran ist: Dort gibt es weitere Schätze!

Das Heimatmuseum beherbergt VIELE Schätze. Natürlich keine echt goldenen, sondern Gegenstände in allen Größen, Formen und Farben, aus den unterschiedlichsten Materialien, zu vielfältigen regionalen Themen.

Wir werden an dieser Stelle immer wieder einen unserer Schätze vorstellen.

Die Originalausgabe des „Mondwerkes“ besitzt der Heimatverein Lilienthal

 

Schroeters astronomischen Arbeiten waren umfangreich und in der Wissenschaft einmalig.

So machten sich J. H. Schroeter daran, die Oberfläche des Mondes zu erforschen und „Specialcharten“ ausgewählter Regionen zu erstellen.

Die Ergebnisse seiner Forschungen und Beobachtungen stellte er im ersten und zweiten Band seines „Mondwerkes“ („Selenotopographischen Fragmente“) von 1791 und 1802 vor.

Auch Johann Wolfgang von Goethe schätzte dieses international anerkannte Werk des Lilienthaler Astronomen und schrieb: Eine Arbeit, „durch welche der Weg zum Mond sehr verkürzt wird“.


Originalbrief J. H. Schroeter von 1813

 Dieser historische Brief wurde 1849 von Georg Schroeter (Enkel von J.H.Schroeter) nach Amerika mitgenommen. Anlässlich seines Besuches im Jahr 2012 brachte der Nachfahre Herbert F. Schroeter 2012 als Gastgeschenk diesen wieder zurück nach Lilienthal.

Der Originalbrief vom 2. August 1813, war gerichtet an den Militärbeamten der französischen Regierung. In diesem Brief begründet er seine zeitweilige Abwesenheit von Lilienthal um 1813 mit dem Hinweis, dass er als Notar und Friedensrichter auch außerhalb des Gemeindebereiches tätig war. Um seine Aufgaben als Präsident der Cantonverwaltung, einem unbesoldeten Ehrenamt, nachkommen zu können, bittet er um Entbindung von den Posten als Friedensrichter und Notar.

Die Einwilligung des „Herrn Staats Raths Auditeur“ erfolgte dann auch auf dem Rand des Originalbriefes.


Kleiner Schatz in großer Schatz-Kiste

 

„Ingrid, guck mal, ich denke, das sind Kochbücher!“ Nach einem Arbeitskreis-Treffen im Heimatmuseum drückte Heinz Rohdenburg mir mit diesen Worten zwei Bücher in die Hand. Zwar fragte ich: „Woher stammen die?“, aber die Antwort „Aus der großen Frank-Kiste“ hörte ich eigentlich schon nicht mehr. Es war der Abend eines langen Tages mit mehreren Terminen und ich wollte gern Feierabend machen.

Zuhause auf dem Sofa ließen mir die Bücher jedoch keine Ruhe, bei Kochbüchern bin ich immer sehr neugierig. 

Das erste war ein gedrucktes ‘Henriette-Davidis-Kochbuch’. Da ich mehrere genau dieser Kochbücher besitze, legte ich es erstmal an die Seite.

 

Ich nahm lieber das handschriftliche Rezepte-Büchlein in die Hand. Solche existieren noch in einigen Familien, denn früher mussten es alle jungen Mädchen während des Kochunterrichtes in der Schule anlegen. Ein einfaches Schreibheft, oder, wie hier, ein gekauftes Heft mit linierten Leerseiten und einem Register an der Seite, auf dem Suppe, Vorspeisen, Fleisch, Kuchen, … stehen. Auf dem Foto ist das gut zu erkennen. Auf der ersten Seite ist zwar kein Datum vermerkt, aber als Schriftzug ‘Kochbuch für Hanna Heyn’. Den Namen kannte ich nicht.

 

Darum blätterte ich ein bisschen darin und entdeckte, wie in allen dieser Büchlein, das die ersten Rezepte jedes Register-Stichwortes  ganz fein und korrekt geschrieben waren. Das ist der Beweis: sie stammen natürlich aus der Schulzeit der ehemaligen Besitzerin. (Vielleicht gab es sogar Zensuren für Schönschrift!)

 

Nach mehreren Seiten sind die Rezepte der jeweiligen Register eindeutig von einer Erwachsenen, und zwar mal mit Tinte, mal mit Bleistift, geschrieben. Manche dieser Rezepte wirken eindeutig auf die Schnelle, also luschig, notiert, andere dagegen sehr ordentlich. Ab und zu steht neben der Rezept-Überschrift in Klammern ein Name. Das bedeutet, es stammt von ‘Lemmermanns’ oder von ‘Stella’.

Einmal mußte ich zwei Seiten behutsam voneinander trennen. Sie klebten an einer Stelle zusammen. Das ist sicher der Beweis einer besonders leckeren Speise. Beim Kochen oder Rühren waren Spritzer auf die Seite gelangt. 

 

Weiter und weiter geblättert, finde ich zum Ende der jeweiligen Register plötzlich Rezepte in englischer Sprache geschrieben! Wie das?!

 

Ich öffnete nun doch das gedruckte ‘Henriette-Davidis-Kochbuch’. Es ist  die 36. Auflage von 1897. Sogleich fand ich einen Namen: ‘Sophie Frank’! (Foto 1) Nun war ich sicher, das die beiden Bücher aus der großen Frank-Schatz-Kiste stammen.

 

Aber wer bitte war Sophie? Und wer war Hanna? Wohl viele aus dem Heimatmuseum hätten die Frage sofort beantworten können. Es war jedoch mittlerweile Mitternacht! Da mochte ich niemanden mehr anrufen.

 

Mir fiel stattdessen ein: in dem Buch ‘Als die Hoffnung starb‘ stehen drei der Frank-Familien genealogisch aufgelistet. Also - Buch aus dem Regal geholt, aufgeschlagen und sofort gefunden. Schauen Sie selber auf das Foto.

 

Da gab es eine Sophie Meyer ! 
Und auch eine Johanna Heyn!

Mein Herz schlug vor Aufregung immer schneller!

 

Julius Senior und Sophie waren die Großeltern von Julius Junior. Deren Sohn Henry war verheiratet mit Johanna Heyn. Das war meine Hanna Heyn!!! Und ich hielt ein von ihr persönlich geschriebenes Rezepte-Büchlein in der Hand!!!

 

Jetzt schlug mir mein Herz bis ‘über beide Ohren’. Und beinahe rief ich nun doch noch eines der Vereinsmitglieder an. Wie gern hätte ich diese Neuigkeit sofort mit jemandem geteilt. Aber ich konnte doch niemanden aus dem ersten besten Schlaf holen!

 

Also schmökerte ich allein noch eine Weile in Hanna Franks Rezepten und ging dann überglücklich zu Bett. Aber glauben Sie mir – ich habe in dieser Nacht vor Freude über diesen Schatz kaum geschlafen!

 

In den nächsten Lilienblättern beschreibe ich natürlich einige Rezepte. Und selbstverständlich können Sie ins Heimat-Museum kommen und das Buch dort selber in die Hand nehmen!

 

Während einer Führung im Focke-Museum erfuhr ich, dass Hanna ein Jahr nach ihrem Sohn Julius Deutschland verlassen hatte, mit mehreren Koffern. In Detroit geboren(gucken Sie noch einmal aufs Foto), besaß sie die US-Amerikanische Staatsbürgerschaft. Und war berechtigt Eigentum aus Deutschland mitzunehmen. (Ihr Sohn Julius dagegen kam mit nur 10 Reichsmark in den USA an.)

 

In Hannas Koffern befanden sich viele der Schätze, die inzwischen in der Containerkiste wieder nach Lilienthal und Bremen zurück kehrten, auch die Kochbücher!)

 

Und noch bis zm 26. Februar 2023 können Sie einen Teil dieser Schätze in der Ausstellung über die jüdische Fotografenfamilie Frank im Focke-Museum ansehen.



Was tun Sie, wenn Sie eine SCHWENGELPUMPE sehen, die benutzt werden darf?

Klar, SIE BEGINNEN ZU PUMPEN!

Als wir Kinder waren, hatten meine Großeltern auf der Diele natürlich eine Pumpe an der Wand. Für die Kühe dort (jede Kuh säuft täglich mindestens 60 Liter), für die Schweine im Koben und für das Geflügel im Hühnerstall. Dort wurde aber auch das Trink- und Kochwasser für die Familie gepumpt.

In der Küche stand auf einem niedrigen Hocker ein 10 Liter Eimer Wasser, an dessen Rand eine Suppenkelle hing. Wer Durst hatte, schöpfte und trank daraus. (Und glauben Sie mir, dieses Wasser schmeckte viel, viel besser, als das zu Hause aus dem Wasserhahn!) Mir war als Kind jedoch nicht klar, wie viele Eimer Wasser meine Oma Line jeden Tag benötigte: zum Kochen, zum Abwaschen, zum Putzen, …!

Wir waren damals 'ganz wild' darauf, ihr zu helfen und das Wasser zu pumpen. Auch für das Vieh pumpten wir und manchmal zankten wir uns dabei tüchtig: 'Ich bin jetzt dran! Du hast schon zwei Eimer voll gepumpt!' Und gern kippte dabei auch noch der Eimer um! Oma schimpfte aber erst, wenn aus der Lehm(!)-Diele ein See geworden war.

Manche Schwengelpumpen waren draußen über dem Brunnen installiert und mussten bei Eiseskälte mit warmem Wasser aufgetaut werden. Vor der Zeit mit der Schwengelpumpe (ein schönes Wort!) war eine Holzwinde auf dem Brunnenrand angebracht und mit einer Winde wurde der Eimer hinunter gelassen und (schwer) wieder hochgezogen. Im Winter war um den Brunnen herum natürlich eine spiegelglatte Fläche!

Sie haben beim Lesen gemerkt: das Wort 'pumpen' und 'Pumpe' kommt in diesem Artikel reichlich vor! Es geht aber noch weiter.

Ich vermute, dass 99 % aller Menschen, die keine Pumpe auf der Parzelle oder im Garten haben, gern MAL pumpen! Aktiv Wasser aus einem Rohr befördern ist etwas Faszinierendes.

Aber wird eine Pumpe darum auch zu einem Schatz?

Nach der Definition 'Schatz' ganz unten im Text (scrollen Sie doch mal runter!) IST unsere Pumpe auf dem Museumsgelände ein SCHATZ! Eindeutig!

Warum mögen wir diese körperliche Aktivität des Pumpens?

Es ist doch nur ein Schwengel, den wir bewegen, der auf diese Weise einen Kolben hoch und wieder nach unten drückt. Das wissen wir, obwohl wir es ja nicht sehen können. Sie merken an meiner Wortwahl, ich werde jetzt technisch! Oder doch nicht? Denn zu erklären, wie eine Pumpe funktioniert, brauche ich nicht, Sie schauen bei Interesse ja sowieso im Internet nach, oder?

Vielleicht ist die Museums-Pumpe aber doch kein Schatz, denn sie funktioniert gar nicht! Sie ist nicht an eine Wasserader oder das Grundwasser über einen Brunnen angeschlossen! Sie dient nur der Zierde!

Schon vor vielen Jahren gehörte sie zum Bestand des Museums am Haus auf dem Klostergelände. Denn dort war der Heimatverein damals 'beheimatet'.

Nachdem der Verein das Emmy-Brauer-Haus bezogen hatte, lag die Pumpe einige Zeit dort im Schuppen herum. Axel Theune richtete sie wieder her und schraubte sie an die Scheunenwand. Sieht sie nicht hochinteressant aus (hier auf dem Foto)? Ich würde so gerne Wasser mit dem Schwengel herauspumpen!

Pumpen lassen 'unsere Augen leuchten und wecken den Erkundungsdrang', sie sind also Schätze.

Vielleicht finden wir ja eines Tages Wasser auf dem Museumsgelände und unsere Pumpe wird angeschlossen!

Wir finden, sie ist aber jetzt schon ein sehenswerter SCHATZ!
Über den sich, wie Sie gemerkt haben, viel schreiben lässt.



Wenn der Schreibtisch auf dem Foto sprechen könnte – er hätte so viele Geschichten zu berichten, schöne und schwere, spannende und langweilige, welche über Liebe und andere über Verfolgung, über … und …! Das alles sind imaginäre Schätze!!!


Einen Schatz von Liebe erzähle ich:

Ein frisch verheiratetes Liebespaar machte mitten im 1. Weltkrieg eine zweitägige Hochzeitsreise, da der Bräutigam einen kurzen Heimaturlaub erhalten hatte. Die jungen Leute gingen zu Fuß(!) von Bremen über Lilienthal nach Worpswede und am nächsten Tag wieder zurück. Ende der Hochzeitsreise!


Dazu jetzt die Verbindung zum Schreibtisch: Das junge Paar ließ sich auf dem Hinweg am 3. Mai 1916 vom Fotografen Henry Frank, dem Vater von Julius Frank, 'ablichten', wie man damals sagte.

Vermutlich holten sie auf dem Rückweg das fertige Foto ab. Es lag sicherlich auf dem Schreibtisch im Laden, vielleicht saß das Paar sogar daneben und bezahlte.


Und nun der Knaller: auf dem Foto, das sind der spätere Bremer Bürgermeister Wilhelm Kaisen und seine Frau Helene! Das Foto durfte ein Heimatvereins-Mitglied, Erwin Duwe, direkt aus dem Album der Familie Kaisen abfotografieren.


Wie aber gelangte der Schreibtisch der Familie Frank ins Emmi-Brauer-Haus?

Harald Kühn schrieb die Antwort für unsere Rubrik 'Schätze' auf:


Die Familien Frank und Brauer waren nachbarschaftlich-freundschaftlich verbunden. Man schätze und vertraute sich.

Emmi Brauer berichtete, dass Julius Frank der 'Hoffotograf' der Familie Brauer war. „Immer wenn die Familie meines Großvaters aus Leipzig angereist kam, wurde ein Familienbild geknipst.“


Alle Lilienthaler wussten natürlich, dass die Familie Frank jüdische Mitbürger waren. Sie wurden hochgeachtet bis 1933 und waren sowohl im kulturellen als auch im sportlichen Bereich äußerst engagiert und erfolgreich.

Wie gesagt, die Familien Frank und Brauer waren freundschaftlich verbunden. Vater Willi Brauer war ein Nazigegner. Er war auch mutig. Seine Briefe, auch die offiziellen, unterschrieb er ohne 'Heil Hitler'.


Bevor die Familie Frank 1936 flüchtete, wurde der Haushalt verkauft. Alles musste im Geheimen erfolgen. Nur gute Freunde waren eingeweiht. So auch die Familie Brauer.


Sie kauften diesen schönen Schreibtisch kurz vor der Flucht der jüdischen Familie im Jahre 1936.

Noch kurz vor ihrem Tod ließ Emmi Brauer den Schreibtisch restaurieren. Sie erinnerte sich gern und erzählte von der Familie Frank.


Jetzt steht dieser SCHATZ im Emmi-Brauer-Haus und wird regelmäßig benutzt.







Unsere "GOLDENE TASSE"

 

Sie gehörte vermutlich nicht zu einem Kaffee-Service, sondern ist eine sogenannte Sammeltasse.

 

Als Porzellan im frühen 19. Jahrhundert für Normalhaushalte billiger geworden war, entstand der Brauch Tassen (mit Untertasse) zu sammeln oder zu verschenken. Es waren Einzelstücke mit unterschiedlichsten Dekoren und in 'allen Größen, Formen und Farben' (damit passt die Tasse doch genau zu unseren Schätzen). Für den Kaffee-Besuch wurde also kein einheitliches Service benutzt, der Tisch war kunterbunt gedeckt. Kuchenteller gab es noch nicht (auch nicht bei den Services). War ein Teller nötig, stellte die Hausfrau flache Glasteller (die wir heute noch für Kompott benutzen) dazu.

 

Bekannte Manufakturen stempelten ihre Porzellan-Teile auf der Unterseite, bzw. brannten ihr Markenzeichen hinein. Diese Marken änderten sich im Laufe der Zeit. Für Sammler heute ein Glück, denn dadurch lassen sich einzelne Teile einordnen, zeitlich und nach Hersteller!

 

Unsere 'Goldene' Tasse wurde von der schlesischen Porzellanmanufaktur Carl Tielsch hergestellt. Laut Porzellanmarke (einem Adler und darunter den Buchstaben C.T.) zwischen 1888 und 1908. Sie ist also über 100 Jahre alt, wahrlich ein Schatz!

 

Carl Tielsch gründete die Firma 1845 in Altwasser in der Nähe von Breslau. Und schon 20 Jahre später beschäftigte er bis zu 1.500 Arbeiter. Durch Ausstellungen und Messen erfuhr seine Manufaktur internationale Anerkennung. Der Erfolg entstand durch die gute Qualität des Porzellans, günstige Preise und einer umfangreichen Produktpalette.

Der Firmen-Gründer engagierte sich sehr sozial für sein Unternehmen. Er gründete einen Arbeiter- und Arbeitsunfähigkeits-Fond. Das war damals nicht selbstverständlich! Eine Berufsunfähigkeits-Rente gab es nicht. Wer nicht mehr arbeiten konnte, musste betteln!

Er verfügte testamentarisch, das der Fond nach seinem Tod in eine Stiftung mit 30.000 Goldmark umgewandelt wurde.

 

Damit sind wir wieder bei Gold angelangt. Auch wenn Emmy Brauers Tasse natürlich nicht aus purem Gold ist.

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